Haftung eines Konsiliararztes für Fehler der Befunderhebung

Bestätigung des Grundsatzes: Wer liquidiert, der haftet. §§ 839 Abs. 1 Satz 2; 823 Abs. 1; § 278 BGB


Ein Krankenhausträger haftet einem Patienten für Arztfehler eines Konsiliararztes als seines Erfüllungsgehilfen aus Vertrag (§ 278 BGB), wenn der Konsiliararzt hinzugezogen wird, weil es dem Krankenhaus an eigenem fachkundigen ärztlichen Personal mangelt, der Krankenhausträger mit den Leistungen des Konsiliararztes seine vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Patienten (hier: im Rahmen einer Schlaganfalleinheit) erfüllt und die Honorierung des Konsiliararztes durch den Krankenhausträger erfolgt.

BGH, Urteil vom 21. Januar 2014 - VI ZR 78/13 - OLG Schleswig; LG Lübeck

Die Parteien des Rechtsstreits stritten darum, ob die verklagte Klinik und der von dieser hinzugezogene Konsiliararzt den Schaden zu ersetzen haben, den die Klägerin als Patientin aufgrund einer Behandlung in dem Krankenhaus in der Nacht vom 12. auf den 13. November 2003 erlitten hat.

Aufgrund der vorliegenden Beschwerden wurde die Klägerin von einem Arzt in die Klinik eingewiesen. Der dort konsiliarisch tätige Arzt erkannte die Ursache der Beschwerden, nämlich die Thrombose, nicht. Erst am nächsten Tag erfolgte nach Durchführung weiterer Untersuchungen eine Verlegung der Klägerin in eine weitere Klinik, wo eine Therapie gegen die Hirnvenenthrombose eingeleitet wurde. Die Klägerin ist unstreitig infolge der Hirnvenenthrombose körperlich und aufgrund eines hirnorganischen Psychosyndroms geistig schwerst behindert. Sie wirft den Beklagten vor, dass die Hirnvenenthrombose nicht rechtzeitig erkannt und ihre Einweisung in ein Zentrum für Maximalversorgung nicht rechtzeitig veranlasst worden sei.

Der Begriff des Konsiliararztes ist nicht legal definiert. Je nach Aufgaben- und Vertragsgestaltung ist der Konsiliararzt nach der bisherigen Rechtsprechung häufig nicht als Erfüllungsgehilfe des auftraggebenden Arztes bzw. der auftraggebenden Klinik anzusehen. Dies gilt insbesondere, wenn zwischen dem Konsiliararzt und dem Patienten eine (weitere) vertragliche Beziehung zustande kommt, so dass die Faustregel anzuwenden ist, dass derjenige haftet, wer liquidiert.

Eine Liquidation des Konsiliararztes fand nicht statt.

Die Klinik erfüllte vorliegend mit Hinzuziehung des Konsiliararztes ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Klägerin. Weil die Klinik in der Nacht nicht in der Lage war, ein CT fachkundig von angestellten Ärzten befunden zu lassen, hatte sie eine vertragliche Regelung mit externen Ärzten getroffen, die zur Befundung hinzugezogen wurden. Der Konsiliararzt wurde daher im Rahmen der Erfüllung einer Verbindlichkeit der Klinik tätig, die eingelieferte Klägerin fachkundig ärztlich zu versorgen. Dies oblag primär der Klinik, weil sie mit Einrichtung einer Schlaganfalleinheit die Voraussetzungen dafür geschaffen hatte, dass spezifisch gefährdete Patienten bei ihr eingeliefert wurden. Da sie die fachkundige ärztliche Versorgung von Schlaganfallpatienten nicht allein mit eigenen angestellten Ärzten vollziehen konnte, musste sie sich externer Ärzte bedienen, hier des Konsiliararztes, der mithin nicht im Rahmen einer eigenen Leistungspflicht der Klägerin gegenüber tätig wurde.

Aufgrund dieser Feststellungen ist davon auszugehen, dass der Konsiliararzt für ein umfassend zuständiges - bzw. sich als solches nach außen darstellendes Krankenhaus tätig war und von diesem auch honoriert wurde. Die Klinik muss sich daher den Fehler des hinzugezogenen Konsiliararztes nach § 278 BGB zurechnen lassen.